Herford – Christliche Popmusik im Radio kennt man ja schon, zum Beispiel vom Mannheimer Popsänger Xavier Naidoo. Doch warum soll nicht auch mehr Pop, Rock und Jazz in der Kirche stattfinden?

An der Evangelischen Pop-Akademie in Herford studieren nun neun Pioniere den Studiengang «Kirchenmusik popular». Sie sollen nach der musikalischen Grundausbildung mehr Pop in die Gottesdienste tragen. Im Interview erklärt Studienleiter Hartmut Naumann, woran es bei der bisherigen Kirchenmusiker-Ausbildung hapert. Und er sagt, dass man erst einmal keine Form von Popularmusik ausschließen sollte. Höchstens Death Metal. Obwohl…

Professor Naumann, würden Sie sagen, es geht in der deutschen Kirchenmusik bislang zu klassisch zu?

Das würde ich so gar nicht sagen. Aber die entsprechenden Studiengänge sind bisher sehr stark von der traditionellen Kirchenmusik geprägt. Wir finden es wichtig, dort auch Jazz, Rock, Pop und Gospel ernstzunehmen. Bei uns ist zum Beispiel das Hauptfach Klavier oder Gitarre. Das betreiben unsere Studierenden so intensiv wie Studenten traditioneller Kirchenmusik ihr Hauptfach Orgel.

Unsere Leute werden in vier Jahren fit gemacht, um die verschiedenen Popular-Stile spielen zu können, Latin, Pop oder Funk etwa. Das ist nur ein Beispiel, es gibt insgesamt 24 Fächer, unter anderem Gesang oder Chor- und Bandleitung.

Bedeutet das: andere Instrumente im Gottesdienst?

Auf jeden Fall. Die Kirchenmusik öffnet sich dahingehend, dass man auch mit einer Gitarre, einer kleinen Bandbesetzung oder einem Jazz-Trio einen Gottesdienst musikalisch gestalten kann. Nicht nur als Feigenblatt, um mal ein paar junge Leute in die Kirche zu kriegen. Sondern um allen Generationen, die in den Kirchenbänken vertreten sind, die Musik zu geben, die sie berührt. Das sind eben nicht nur Orgelmusik und klassische Kantorei. Sie leben ja nicht auf irgendeinem fernen Planeten, sondern in unserer heutigen Zeit.

Wer hat sich dafür eingesetzt, dass es nun diesen Studiengang gibt? Gab es auch Leute, die dagegen waren?

Es gab und gibt Skeptiker, weil das natürlich schon eine Veränderung im Berufsbild des Kirchenmusikers bedeutet. Der Wunsch kam ganz stark aus den Kirchengemeinden und Kirchenkreisen, die sagen: «Wir wollen die Musik, die in unserer Kirche vielen Menschen etwas bedeutet, vorkommen lassen, und zwar gut gemacht. Wir wollen in unseren Chören auch Jazz-, Gospel- und Pop-Repertoire.» Der Wunsch kam also von der Basis. Dann hat es natürlich eine ganze Weile gedauert, ehe sich die Idee durchsetzen konnte und die Türen für unseren Studiengang geöffnet werden konnten.

Was ist für Sie guter Pop?

Pop ist gut, wenn er nicht in erster Linie dem Kommerz folgt, sondern wenn er authentisch ist. Wenn Text, Musik und Groove so zusammenkommen, dass man den Eindruck hat: Hier entsteht etwas, was größer ist als die Summe seiner Teile.

Gibt es Popularmusik, die aus Ihrer Sicht gar nicht in die Kirche passt?

Wenn man in den Randgebieten stöbert, kann man natürlich fragen: Death Metal, Thrash Metal, passt das noch dazu? Aber ich will gar nicht so sehr ausgrenzen, sondern erst mal die einzelnen Elemente der popularmusikalischen Vielfalt darauf abzuklopfen, ob sie kirchenmusiktauglich sind. Dabei wird man wahrscheinlich auch mal Sachen finden, bei denen man sagt: Nee, das passt dann eher nicht.

Fotocredits: Naumann
(dpa)

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