Berlin – Bill Gates hat es getan. Anke Engelke auch. Herbert Grönemeyer, Günther Jauch und Brad Pitt ebenfalls. Diese Promis haben ihr Studium abgebrochen – der Erfolg ohne akademische Weihen gab ihnen später Recht.
Doch die meisten ihrer Schicksalsgenossen sind unbekannte Wesen. Und es sind viele. Knapp jeder Dritte verlässt die Uni ohne Abschluss, verschwindet danach in der Anonymität. Eine neue Studie soll nun Licht ins Dunkel bringen.
Vom wem stammt die Studie, und welche Fragen soll sie beantworten?
Es handelt sich laut Ministerium um die bislang größte bundesweite Untersuchung zum Thema Studienabbruch. Genau genommen sind es sogar zwei: Neben der Hauptstudie des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung
(DZHW) wird auch noch ein eigener Report der Stiftung Mercator zu Studienabbrechern mit Migrationshintergrund präsentiert. Eine der Fragestellungen: Wie hoch ist aktuell die Quote der Studierenden in Deutschland, die ihrer Hochschule den Rücken kehren? In den Bachelor-Studiengängen waren es zuletzt 28 Prozent. Warum haben sie ihr Studium abgebrochen? Was tun sie stattdessen? Angesichts von viel Frust und verlorener Lebenszeit interessiert vor allem die Frage: Wie können Studienabbrüche künftig vermieden werden?
Wie aussagekräftig sind die Untersuchungen zum Studienabbruch?
Die Berechnung der Schwund- und Abbruchquoten auf Basis des Hochschuleinstiegs 2014 beruht auf einem vom DZHW entwickelten Berechnungsverfahren, das Studienanfänger und Absolventen in Beziehung setzt. Die Ergebnisse sind top-aktuell: Das Projekt begann Anfang 2014 und endete Mitte 2016. Und sie sind repräsentativ: In die Befragung wurden auf Basis einer bundesweiten Stichprobe insgesamt 32 Universitäten und 28 Fachhochschulen einbezogen. In die Auswertung liefen Aussagen von gut 6000 Exmatrikulierten ein. Von den Hochschulleitungen beteiligten sich an Universitäten 121 Physik-, Betriebswirtschafts- und Germanistikfakultäten, an Fachhochschulen 110 Betriebswirtschafts- und Informatikbereiche.
Das Phänomen ist ja nicht neu. Was hat die Politik bisher getan?
Eine ganze Menge, aber angesichts der hohen Abbrecherquoten vielleicht noch nicht genug. Seit vorigem Jahr müssen die Unis zehn Prozent der Mittel aus dem
«Hochschulpakt 2020» für Maßnahmen gegen Studienabbruch verwenden, damit möglichst wenige der zurzeit 2,8 Millionen Studierenden hinwerfen. Wankas Ministerium setzt auf eine vertiefte Berufsorientierung schon an Schulen, um Fehlentscheidungen zu verhindern. Die Ministerin hat vor drei Jahren eine Initiative zur Gewinnung von Studienabbrechern für die berufliche Bildung gestartet (Jobstarter plus). Vor knapp einem Jahr ging zudem eine zentrale Informationsplattform online, die
Studienzweifler über alternative Qualifizierungswege in und außerhalb der Hochschulen informiert.
Und was unternehmen die Unis?
Durch leistungsorientierte Mittelvergabe und die steigende Bedeutung von Qualitätsmanagement an Hochschulen ist Studienerfolg (oder eben Misserfolg) auch dort ein großes Thema. «Es ist jedoch bislang nur wenig darüber bekannt, wie und in welchem Maße Studienabbrüche durch solche Präventions- und Interventionsmaßnahmen der Hochschulen beeinflusst werden können», räumt das Ministerium ein. Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Horst Hippler, empfiehlt ein Orientierungsjahr als Option: «Gerade in den Ingenieurwissenschaften, wo Mathematik bisher die große Bremse und oft verantwortlich für Studienabbruch war, hat sich das bewährt. Solche Orientierungsphasen kosten Geld, aber es würde sich lohnen.»
Zuwanderer haben besondere Probleme. Was weiß man darüber?
Der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) hat in einer eigenen Untersuchung herausgefunden: Studierende aus Zuwandererfamilien und Ausländer scheitern an deutschen Hochschulen sehr häufig – an sprachlichen, fachlichen und finanziellen Hürden. Die Abbrecherquote ist demnach in dieser mehr als 700 000 Menschen umfassenden Gruppe mit bis zu 41 Prozent im Schnitt viel höher als bei Kommilitonen ohne Migrationshintergrund. Eine Ursache sei «punktuell auch soziale Isolation».
Fotocredits: Waltraud Grubitzsch
(dpa)