Oldenburg – Der Abgabetermin für die Hausarbeit ist in einem Monat? Das ist doch noch viel Zeit! Die Prüfung ist in zwei Wochen? Da reicht es doch, nächste Woche mit dem Lernen anzufangen. Im Aufschieben von Aufgaben sind viele Studenten sehr geübt.

Doch für bessere Noten sorgt dieses Vorgehen eher nicht. Und weniger Stress haben Studierende dadurch auch nicht. Denn wenn die Termine näher kommen, müssen sie umso härter arbeiten.

Das Phänomen, unangenehme Aufgaben solange wie möglich vor sich herzuschieben, hat einen passenden Namen: Aufschieberitis. Wilfried Schumann kennt sich damit gut aus. Er arbeitet beim psychologischen Beratungsservice von Universität und Studentenwerk Oldenburg. Zu ihm kommen häufiger Studenten, die ein Problem damit haben. Die Ursachen für Aufschieberitis sind vielfältig. Eine ist laut Schumann schlicht: Studenten meiden – wie viele andere Menschen – gern unangenehme Dinge, und lassen sich bereitwillig von attraktiveren Sachen ablenken. Mangelnde Impulskontrolle nennen das die Psychologen.

Wie bekämpft man die Aufschieberitis? Zunächst hilft es, sich etwas Wesentliches klarzumachen: Am Tag können Menschen nur maximal rund sieben Stunden wirklich konzentriert geistig arbeiten, sagt Schumann. «Diese Zeit ist kostbar.» Wer sie gut nutzt, hat mehr Zeit für schöne Dinge. Konkret rät er, am PC grundsätzlich offline zu arbeiten und nach nötigen Netz-Recherchen wieder offline zu gehen. Sonst läuft man ständig Gefahr, sich vom Internet ablenken zu lassen. Wer kann, sollte auch andere Störquellen minimieren – etwa das Smartphone lautlos stellen oder die Zimmertür schließen.

Bringen kleine Tricks allein keine nachhaltige Besserung, liegt das Problem tiefer. Aufschieberitis sei bei Menschen, die sehr stark darunter leiden, durchaus mit der Sucht nach Zigaretten zu vergleichen, so Schumann. «Da herauszukommen, braucht eine ernsthafte Änderung der Lebenseinstellung.» Ein Tipp lautet, sich eine soziale Kontrollinstanz mit ins Boot zu holen. Das können Freunde sein, mit denen man über das Problem redet und die einen konfrontieren, wenn man mal wieder etwas auf die lange Bank schieben will.

Auch mit anderen Studenten in Arbeitsgruppen zusammenzuarbeiten, kann helfen. «Das ist dann eine Situation wie unter Arbeitskollegen.» Es sei dann schwieriger, Aufgaben einfach zu ignorieren oder über den Haufen zu werfen.

Ein anderer Grund fürs permanente Aufschieben ist das sogenannte Self-Handicapping: Dabei dient das Aufschieben als Strategie, um Misserfolge zu vermeiden. Studierende lassen oft unbewusst Zeit verstreichen, um bestimmte Aufgaben auf den letzten Drücker zu erledigen. Bestehen sie dann die Prüfung oder Hausarbeit, sind sie positiv überrascht. Klappt es nicht, haben sie sogleich eine Entschuldigung parat: Hätte man eher angefangen, dann hätte man diese Aufgabe ja schaffen können.

Fotocredits: Markus Scholz
(dpa/tmn)

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