Unter anderem in Rostock gab es letztes Jahr diverse Diskussionen rund um das Thema der Anwesenheitspflicht, denn in vielen Veranstaltungen gehen Namenslisten rum, was jedoch nicht wirklich mit dem originalen Gedanken des selbstständigen Studiums übereinstimmt.

Schuld haben Bachelor und Master, so der Tenor der Studenten, denn die neu eingeführten Studiengänge sollten vor allem die Endlos-Studenten in die Knie zwingen und dafür sorgen, dass alles fix und sauber über die Bühne geht, vor allem aber, dass Pflichtkurse auch tatsächlich besucht werden.

Studenten sind zu faul, um anwesend zu sein

Wer jetzt denkt, dass Studenten doch nun wirklich faul und dass qualitativ hochwertige Kurse und Seminare doch ein Privileg sind, der irrt, denn in der Streitfrage ging es kaum bis gar nicht um die Veranstaltungen, in denen der intellektuelle Austausch gegeben wäre, sondern um Vorlesungen, die ob der obszönen Zahlen an immatrikulierten Studenten in vielen Studiengängen vollgestopfte Hörsäle, enervierte Dozenten und schlechte Arbeitsbedingungen verkörpern.

Die Norm, die man auch von vielen Dozenten am Anfang des Studiums zu hören bekommt, sind 2-3 erlaubte Fehlstunden, dann droht der Scheinentzug, bzw. der Verbot, an der Prüfung teil zu nehmen, die besonders in den Grundkursen obligatorisch ist. In Sachsen-Anhalt wurde jüngst Letzteres verboten, denn die Zulassung zur Prüfung sollte nicht durch Anwesenheit entschieden werden. Das stimmt auch mit dem Motto des ursprünglich einmal selbstständig erdachten Studiums einher, immerhin soll es Studenten geben, die die Prüfung bestanden haben, weil sie zu hause saßen und das Material ohne verschwitzte Vorleseräume durchgegangen sind.
Auch Rostock und Dortmund sind in dieser Entscheidung nachgezogen, der Trend zur freiwilligen Selbstkontrolle greift in Deutschlands Unis um sich, nicht zuletzt, weil rechtlich einiges dafür spricht.

Anwesenheitspflicht komplett abschaffen?

Seminare und anderweitige Kurse sind natürlich immer noch Pflichtprogramm, denn hier kommt es auf Austausch und Mitarbeit an. Selbst wenn es oft auch hier durch steigende Studentenzahlen beinahe unmöglich ist, allzu sehr in angeregte Diskussionen zu verfallen, erfordert ein Seminar die Anwesenheit, weil man dort nämlich die Interaktion, rhetorische Fähigkeiten und Praxis erlernen soll.

Die Vorlesung allerdings ist die Möglichkeit, kompakte Theorie von einem klugen Kopf vermittelt zu bekommen, da das im Idealfall die beste Methode ist, sich dieses Wissen an zueignen, ohne dutzende Wälzer zu lesen. Ist das durch die Studienbedingungen der BA und MA Studiengänge nicht gegeben, sollte es dem Studenten frei stehen, ob er sich alternativ das Wissen aneignet, wenn er es nicht tut, wird er sowieso an den Prüfungen scheitern.
Sowieso ist es für viele Studenten manchmal unmöglich, eine Pflichtvorlesung zu besuchen, die nur alle 2 Semester angeboten wird und dann zu einer Zeit, die nicht mir anderen Kursen oder aber der Arbeit des Studenten vereinbar ist. Wer hier auf Pflicht pocht, nötigt den Studenten, seine Studienzeit nicht im Rahmen halten zu können und wirkt dem Ziel der BA und MA Studiengänge massiv entgegen.

Wichtig ist in dieser Streitfrage, eine einheitliche Linie einzuführen, so dass es nicht dazu kommt, dass verschiedene Studiengänge verschiedene Regelungen haben, vorerst würde man sich freuen, wenn es allein innerhalb eines Bundeslandes geregelt werden könnte, alles weitere dürfte erst einmal ein Wunschtraum sein.

Übrigens stimmen auch Dozenten oftmals mit diesen Regeln überein, denn 30 aufmerksam zuhörende Studenten sind allemal besser, als 150 abgelenkte, schlafende, gelangweilte, strickende und Internet surfende Faulenzer.