Berlin – Deutschlandweit verzichten Zehntausende Studenten mit einer chronischen Erkrankung oder Behinderung auf mögliche Studienerleichterungen. Das zeigt eine in Berlin vorgestellte Studie des
Deutschen Studentenwerks und des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung.

Viele wüssten über die Hilfsmöglichkeiten nicht Bescheid oder hätten Hemmungen, sich als beeinträchtigt zu outen, sagte der Präsident des Studentenwerks, Rolf-Dieter Postlep.

Insgesamt habe mehr als jeder Zehnte der rund 2,8 Millionen Studierenden eine Behinderung oder chronische Krankheit. Mehr als die Hälfte davon leidet unter psychischen Erkrankungen, jeder Fünfte hat ein chronisches körperliches Leiden wie Rheuma oder Epilepsie. Dazu kommen unter anderem Menschen mit Bewegungs- oder Sinnesbeeinträchtigungen oder Legasthenie.

Neun von zehn dieser Studenten hätten Schwierigkeiten mit der Organisation des Studiums, so die Umfrage. Ihnen machten eine hohe Zahl von Prüfungen, Anwesenheits- und Zeitvorgaben Probleme. Aber nur knapp jeder dritte Betroffene hat bei seiner Hochschule schon einmal mögliche Erleichterungen beantragt – etwa einen individuellen Studienplan, die Änderung der Bedingungen für Prüfungen oder die Verlegung eines Praktikums.

Solche sogenannten
Nachteilsausgleiche werden etwa beim Prüfungsausschuss oder Prüfungsamt beantragt. In der Regel ist dafür die Stellungnahme eines Facharztes oder Therapeuten nötig. Betroffene sollten sich vorher mit den in fast allen Hochschulen zu findenden Beratern für Behinderungen in Verbindung setzen, um die individuellen Möglichkeiten zu erörtern, so das Studentenwerk. Die Beauftragten für Studierende mit Behinderungen und chronischen Krankheiten behandelten persönliche Angaben streng vertraulich.

Den Hochschulen warf Studentenwerkschef Postlep vor, Studienanfänger zu wenig über solche Möglichkeiten zu informieren. «Das ist eine Unterlassungssünde.» Oft lägen nur irgendwo entsprechende Broschüren aus, das sei aber viel zu wenig. Der Grünen-Bildungsexperte Kai Gehring rief auch Bund und Länder auf, die Betroffenen bei der Gestaltung ihrer Förderprogramme stärker in den Blick zu nehmen.

Fotocredits: Jens Kalaene
(dpa)

(dpa)