Frankfurt/Main – Ein roter Diener aus Kunststoff begrüßt die Studierenden in der Eingangshalle ihrer Appartementanlage. «Er ist ein Willkommenszeichen und steht für den Service, den wir bieten», sagt Eugenio Schmeidel, der in einem «Youniq»-Wohnhaus in Frankfurt am Main als «Scout» arbeitet.

Ein Fitnessraum, ein Waschsalon, TV-Zimmer und Lernräume gehören zu jedem der Häuser – überdachte Fahrradstellplätze und eine Tiefgarage auch. Immer mehr Studenten, die nicht so aufs Geld gucken müssen, leben in den großen Universitätsstädten in komfortablen Wohnheimen privater Investoren.

Nach Schätzungen des Deutschen Studentenwerks (DSW) haben Unternehmen in den vergangenen Jahren 10 000 bis 15 000 solcher luxuriösen Appartements geschaffen – etwa so viele Unterkünfte wie die Studentenwerke. Wesentlicher Motor sei die schlechte Zinssituation. Neben «Youniq» ist vor allem der Anbieter «Headquarter» bekannt. In geförderten Wohnheimen findet nach Einschätzung des Bundesverbands deutscher Wohnungsunternehmen GdW nur jeder zehnte Student eine Bleibe.

Weiße Einbauschränke, Bad, Klappbett, Küche mit Mikrowelle, Ceran- oder Induktionskochfeld: Das ist die Grundausstattung der 20 bis 22 Quadratmeter großen «Youniq»-Appartements in Frankfurt. Ein Internet- und ein digitaler TV-Anschluss gehören auch dazu. Für den Service steht Scout Schmeidel: Er ist während der Woche und oft auch samstags Ansprechpartner. Zudem gibt es 24-Stunden-Servicenummern. Für Notfälle. Und wenn das Internet ausfällt.

Georg Schlanzke vom DSW sagt: «Die privaten Investoren konzentrieren sich vor allem auf die Großstädte wie München, Frankfurt und Hamburg, die Studentenwerke wollen dagegen eine flächendeckende und kostengünstige Versorgung sicherstellen.» In Frankfurt solle es bis 2018 mehr als 3000 Plätze in privaten Wohnheimen geben, in geförderten seien es 2800, sagt Eric Erdmann vom Studentenwerk.

Das «Youniq»-Standardappartement auf dem Frankfurter Riedberg kostet – ohne Tiefgarage – 580 Euro warm im Monat. «Es gibt keine Jahresendabrechnung», sagt Schmeidel. Dazu kommt eine Aufnahmegebühr von einmalig 480 Euro, auch wenn der Studierende später in ein Appartement etwa nach München, Leipzig, Mainz oder bald Berlin umzieht. Von dieser Gebühr würden die Scouts und «die Instandsetzung der Lounges» bezahlt.

Zum Vergleich: Für ein 20-Quadratmeter-Appartement mit Küche und Bad im Neubau berechnet das Frankfurter Studentenwerk 350 Euro warm pro Monat, wie Erdmann sagt. Längst nicht alle Plätze gehören zu dieser Kategorie – die mittlere Monatswarmmiete ist niedriger, sie liegt bei 285 Euro. «Die Tendenz geht aber ganz klar zu Einzelappartements, bei denen, die oder deren Eltern sich das leisten können», sagt Erdmann.

«Youniq»-Mieter Paul Henning (32) aus dem sächsischen Hoyerswerda hat als Offizier beim Bund Geld gespart und jobbt noch neben seinem «Finance»-Studium. Das Preis-Leistungs-Verhältnis sei für Frankfurt gut. «Das Zimmer ist schön und es gibt hier alles, was man braucht.» Zwar muss er mit der U-Bahn zu seiner Privat-Hochschule fahren, die Nähe zum Taunus und gute Joggingstrecken seien ihm aber wichtiger.

«Die Lage schlägt alles, solange bezahlbar, da wird auch niedrigerer Standard in Kauf genommen», sagt Schlanzke. «Dann kommt der günstige Preis, gerade bei ausländischen Studierenden.» Drittes Kriterium sei das Haus: «Dabei sind Appartements am stärksten gefragt, weil sie das höchste Maß an Privatsphäre versprechen.»

Beim Studentenwerk sind die Wartelisten lang: Mit rund 2000 Suchenden rechnet Erdmann zum Wintersemester. Bei «Youniq» in Frankfurt gebe es keine langen Listen, versichert Schmeidel. 75 Prozent der insgesamt fast 500 Plätze seien an Studierende vermietet. Die übrigen Mieter sind vor allem Doktoranden, Banker und Beschäftigte der Hochschulen. Die Appartementanlagen liegen in unmittelbarer Nähe zum naturwissenschaftlichen Campus der Universität, viele studieren aber wie Henning woanders.

Sebastian Raisch etwa fährt jeden Tag mit dem Auto oder Motorrad nach Friedberg im Wetteraukreis, wo er im 5. Semester an der Technischen Hochschule Wirtschafts-Informatik studiert. Warum er in der Appartementanlage wohnt? «Es ist finanziell absolut planbar», sagt der 23-Jährige aus der Nähe von Kaiserslautern, der sein Studium selbst finanziert. Gemeinschaft im Haus sei ihm nicht wichtig. «Ich bin viel unterwegs und brauche dann Ruhe.» Das Leben in der komfortablen Anlage entspreche seinen Bedürfnissen. «Nur einige lassen ihre Mülltüten vor ihrer Tür im Flur so lange stehen.»

Wilde Studenten-Partys sind in dem privaten Wohnheim selten, wie Schmeidel sagt. Wenn die Studierenden in den Gemeinschaftsräumen mal eine leere Flasche stehen lassen, werde sie weggeräumt. Sollte es zu heftig hergehen, wären die Übeltäter aber schnell ausgemacht: Die Lounges sind videoüberwacht und die Gemeinschaftsräume nur mit einem Transponder zugänglich.

Fotocredits: Boris Roessler,Boris Roessler,Boris Roessler,Boris Roessler,Boris Roessler,Boris Roessler,Boris Roessler
(dpa)

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