Hamburg – «Wenn man beim Lernen so in Instagram vertieft ist, dass man bei Netflix fünf Minuten zurückspulen muss»: Mit solchen Sprüchen teilen Studenten in der Social-Media-App Jodel unter dem Hashtag «prokrastination» ihr Leid.

Ständiges Aufschieben – an der Uni ist das keine Seltenheit. Doch wann wird Prokrastination – so der Fachbegriff für die Arbeitsstörung – eigentlich zum Problem, und wie wirkt man ihr entgegen?

Deadline vorziehen und Lerngruppen nutzen

Um gar nicht erst in Zeitnot durch Aufschieben zu kommen, lässt sich präventiv einiges tun. Man kann zum Beispiel versuchen, sich selbst auszutricksen: «Studierende können die jeweilige Deadline schon früher in ihren Kalender schreiben», rät der Autor und Zeitmanagement-Experte Martin Krengel.

Auch gemeinsames Lernen und Arbeiten kann helfen. Wer sich regelmäßig mit Kommilitonen trifft und dabei den jeweiligen Fortschritt kontrolliert, kommt gar nicht erst in die Situation, nichts zu tun. «Derjenige, der seine persönlichen Ziele nicht erreicht, gibt dann einen Kaffee für die anderen aus oder ähnliches, um einen kleinen Anreiz zu schaffen», so Krengel.

Ablenkung verhindern

Wer sich gerne von Youtube, Netflix und sozialen Medien ablenken lässt, sollte «einfach den Stecker ziehen, das Internet ausschalten und das Handy weglegen», rät der Autor. Auch Apps, die ablenkende Benachrichtigungen oder vom Nutzer eingestellte Webseiten über einen definierten Zeitraum blockieren, können helfen. Eine zusätzliche Lösung für extreme Prokrastinierer: Alle Social-Media-Apps auf dem Handy unter der Woche vom Handy löschen. Ab Montagmorgen ist der Kontakt zur Außenwelt nur noch via Messenger möglich ist.

Offline gibt es mindestens genauso viele Ablenkungsmöglichkeiten: Wohnung putzen, Wocheneinkauf, Freunde treffen. «Wer einer Aufgabe oder einer Entscheidung aus dem Wege gehen will, findet immer eine andere Beschäftigungsmöglichkeit», sagt Catrin Grobbin. Deshalb sei es wichtig, die eigenen Gründe für das Aufschiebeverhalten herauszufinden und passgenaue Lösungen zu entwickeln. Gewohnheiten zu verändern, klappt aber selten über Nacht. Es brauche die klare Entscheidung für eine Veränderung, einen guten Plan und genügend Zeit, um neue Gewohnheiten zu erarbeiten.

Rahmenbedingungen festlegen

Wichtig ist, dass sich Studierende einen festen Rahmen für ihre Uni-Tätigkeiten schaffen. «Man sollte pro Tag einen genauen Zeitpunkt, eine klare Zeitspanne und einen konkreten Ort festlegen, an dem der nächste Arbeitsschritt getan werden soll», empfiehlt Julia Haferkamp von der Prokrastinationsambulanz in Münster. Studierende machen zudem häufig den Fehler, sich in einem zu kurzen Zeitrahmen zu viel vorzunehmen. Daher rät die Psychologin: realistisch planen. «Hier kann die 50 Prozent-Regel helfen. Man sollte sich 50 Prozent von dem vornehmen, was ursprünglich geplant war. Das schützt gegen Unzufriedenheit und kann Erfolgserlebnisse schaffen.»

Wenn eine Aufgabe zu abstrakt ist und Begriffe wie Hausarbeit oder Prüfung gleich negative Gefühle hervorrufen, ist es schwer, die richtige Motivation dafür aufzubringen. Meistens kommt man aber weiter, wenn man einfach anfängt. Martin Krengel rät zum Zehn-Minuten-Trick: «Man verwendet nur zehn Minuten Zeit für eine kleine Aufgabe», zum Beispiel 200 Wörter schreiben, oder die Hälfte eines Buchkapitels lesen und in einer Mindmap zusammenfassen. Der Vorteil: Das Gehirn sei aktiviert, bleibe nach zehn Minuten bei der jeweiligen Aufgabe hängen, und es sei leichter, sich dem Thema länger zu widmen. Das Ziel ist es, kleine Erfolgserlebnisse zu sammeln und sich die Aufgabe damit leichter zu machen.

Fotocredits: Markus Hibbeler,Psychotherapie-Ambulanz Münster,Anja Burmeister-Timpe
(dpa/tmn)

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